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Gastbeitrag in der BERLINboxx: Ist das wirklich Inkompetenz?

Nach einer Studie des deutschen Mieterbundes scheren sich die Berliner Vermieter kaum um die Mietpreisbremse: Neun von zehn Wohnungen werden – für jeden in Immobilienportalen sichtbar - teurer angeboten als gesetzlich zulässig. Dabei geht es nicht um ein paar Cent, sondern fast regelmäßig um satte 30 Prozent Überschreitung der ortsüblichen Miete. Mieter können sich kaum wehren. Schon Mitte 2016 sind so viel neue Menschen nach Berlin gezogen wie im ganzen Jahr 2015.

Neue und bezahlbare Wohnungen müssen her, eigentlich sollten es im letzten Jahr schon 15.000 sein, das Ziel wurde aber verfehlt. Die 5.000 Wohnungen im Areal der Elisabeth-Aue sind nun auch erst einmal ad acta: Nach umfangreichen Planungen ist bei den Koalitionsverhandlungen aufgefallen, dass sich ein Verkehrskollaps anbahnen würde und man außerdem das „artenreichste Vogelhabitat Europas“ gefährde. Ach so.

Aber gut, immerhin soll der Koalitionsvertrag etwa 37.000 Wohnungen vorsehen. Das wäre eine Sensation, gerade mit Blick darauf, wie man in den letzten Jahren nicht einmal einen Bruchteil davon hat umsetzen können. Es muss schwer fallen, diese Ansagen ernst zu nehmen.

Ich denke inzwischen, dass der Politik die Wohnungsnot ganz gut zupass kommt, ist sie doch eine treffliche Werbung für unsere Stadt. So wie auch der vielbeschäftigte Manager nicht für jeden jederzeit Zeit hat, kann eben auch nicht jeder einfach so wohnen, wie er will. Verknappung schafft Anreiz, schafft Image. Die exorbitanten Preise in London führen auch nicht zu einem Besucherrückgang, im Gegenteil.

Wenn Wohnungen hier so teuer sind, dann muss Berlin eine tolle Stadt sein, mit prima Jobs, einer funktionierenden Infrastruktur... merken Sie was?

Das ist natürlich für die Politik sehr bequem.
Klingt verwegen? Warum erleichtert man Investoren die Schaffung von Wohnraum nicht? Man schafft weitere Restriktionen: Millieuschutz, Aufzüge, Energieeffizienz-Vorschriften, Zusammenlegungsverbote und so weiter.
Wäre man wirklich verzweifelt, dann würde man nicht nur Baukosten senken, man könnte auch den Nahverkehr ausbauen und die preiswerteren, leer stehenden Wohnungen im Umland besser anbinden.

Dann aber würde man die Aufmerksamkeit mit eben diesem Umland teilen und wäre wieder weniger „sexy“. Das kann kaum gewollt sein.

Natürlich sind die Politiker nicht unfähig oder böswillig. Je weniger sie gegen die Wohnungsnot tun, desto attraktiver erscheint unsere Stadt nach außen. Das ist natürlich einfach – und man kann sehr wenig dabei falsch machen.

 

Letzte Änderung am Dienstag, 02 Mai 2017 13:34
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Mirko Otto

Mirko Otto ist Diplom-Wirtschaftsingenieur und nach ISO/IEC 17024 zertifizierter Immobiliensachverständiger. Als Gründer der Sachverständigensozietät "Otto und Kollegen" ist der Vater von drei Kindern selbst Immobilieninvestor und seit 1997 mit der Bewertung von Immobilien jeder Art bestens vertraut.

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